über die 8. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit
am 29.09.2015
Ratssaal, Rathaus, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund
Sitzungsdauer: 15:00 - 17:35 Uhr
Anwesend:
1. Stimmberechtigte Mitglieder:
Rm Michael Taranczewski (SPD)
Rm Ulrich Langhorst (B`90/Die Grünen)
Rm Inge Albrecht-Winterhoff (SPD)
Rm Saziye Altundal-Köse (B’90/Die Grünen)
Rm Thomas Bahr (CDU)
sB Meral Bayezit-Winner (SPD)
Rm Peter Bohnhof (AfD)
sB Andreas Cierpiol (SPD)
Rm Emmanouil Daskalakis (CDU)
sB Gerd Fallsehr (CDU)
Rm Justine Grollmann (CDU)
Rm Fatma Karacakurtoglu (Die Linke & Piraten)
Rm Kathrin Klausmeier (B’90/Die Grünen)
Rm Susanne Meyer (SPD)
Rm Nadja Reigl (Die Linke & Piraten)
Rm Otto Rüding (CDU) i.V. für Rm Thorsten Hoffmann (CDU)
Rm Rüdiger Schmidt (SPD)
Rm Regine Stephan (CDU)
Rm Brigitte Thiel (SPD)
Rm Renate Weyer (SPD)
2. Mitglieder ohne Stimmrecht:
sE Franz Kannenberg (Seniorenbeirat)
sE Siegfried Volkert (Behindertenpol. Netzwerk)
3. Beratende Mitglieder:
Andreas Gora (Arbeiterwohlfahrt)
Friedhelm Hendler (VdK)
Manfred von Kölln (Caritas-Verband) i.V. für Georg Rupa (Caritas-Verband)
Frank Neukirchen-Füsers (Jobcenter Dortmund)
Gunther Niermann (DPWV)
Frank Ortmann (Deutsches Rotes Kreuz)
Anne Rabenschlag (Diakonisches Werk)
Klaus-Dieter Skubich (SoVD)
4. Verwaltung:
Stadträtin Birgit Zoerner
Jörg Dannenberg
Dr. Frank Renken
Manfred Stankewitz
Jörg Süshardt
Özay Vural
Veröffentlichte Tagesordnung:
Tagesordnung (öffentlich)
für die 8. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit,
am 29.09.2015, Beginn 15:00 Uhr,
Ratssaal, Rathaus, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund
1. Regularien
1.1 Benennung eines Ausschussmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift
1.2 Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW
1.3 Feststellung der Tagesordnung
2. Angelegenheiten von besonderer Bedeutung/Dezernatsübergreifende Angelegenheiten
2.1 Kommunal unterzubringende Flüchtlinge
mündlicher Sachstandsbericht
hierzu -> Überweisung: Rat der Stadt aus der öffentlichen Sitzung vom 14.09.2015
(Drucksache Nr.: 02453-15-E1)
hierzu -> Überweisung: Rat der Stadt aus der öffentlichen Sitzung vom 03.09.2015
(Drucksache Nr.: 02400-15)
3. Trägerübergreifende Angelegenheiten
nicht besetzt
4. Angelegenheiten des Sozialamtes
4.1 Neues Bundesteilhabegesetz
Stellungnahme der Verwaltung
(Drucksache Nr.: 01399-15-E2)
4.2 Dortmunder Nahmobilitäts-Konzept für Menschen mit Behinderungen; Initiativantrag des Behindertenpolitischen Netzwerks
Überweisung: Rat der Stadt aus der öffentlichen Sitzung vom 07.05.2015
(Drucksache Nr.: 00804-15)
Die Unterlagen haben Sie bereits zur Sitzung am 02.06.15 erhalten
hierzu -> Empfehlung: Behindertenpolitisches Netzwerk aus der öffentlichen Sitzung vom 23.06.2015
hierzu -> Stellungnahme der Verwaltung
(Drucksache Nr.: 00804-15-E1)
5. Angelegenheiten des Gesundheitsamtes
5.1 Hebammenbetreuung in den Flüchtlingsunterkünften
Empfehlung
(Drucksache Nr.: 02112-15)
5.2 Sachstandsbericht des Gesundheitsamtes zum Arbeitsschwerpunkt Migration und Gesundheit 2015
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 02204-15)
6. Angelegenheiten anderer Fachbereiche
6.1 Jahresbericht zum Wirkungsorientierten Haushalt (WOH) 2014
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 00879-15)
7. Anträge / Anfragen
7.1 Gesundheitskarte für Flüchtlinge
Vorschlag zur TO (SPD-Fraktion)
(Drucksache Nr.: 02465-15)
7.2 Gesundheitskarte für Flüchtlinge
Vorschlag zur TO (Fraktion B'90/Die Grünen)
(Drucksache Nr.: 02476-15)
7.3 Gesundheitskarte für Geflüchtete
Vorschlag zur TO (Fraktion DIE LINKE & PIRATEN)
(Drucksache Nr.: 02507-15)
7.4 Kontrollierte Abgabe von Cannabis
Vorschlag zur TO (Fraktion B'90/Die Grünen)
(Drucksache Nr.: 02478-15)
Die Sitzung wird vom Vorsitzenden – Herrn Taranczewski (SPD) - eröffnet und geleitet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung stellt der Vorsitzende fest, dass zur heutigen Sitzung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit fristgemäß eingeladen wurde, und dass der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit beschlussfähig ist.
Dann begrüßt Herr Taranczewski den Vorsitzenden des Seniorenbeirates, Herrn Franz Kannenberg, der zum ersten Mal an der Ausschusssitzung teilnimmt, und Frau Inge Albrecht-Winterhoff (SPD) als neues stimmberechtigtes Mitglied.
1. Regularien
zu TOP 1.1
Benennung eines Ausschussmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift
Zur Mitunterzeichnung der Niederschrift wird Frau Grollmann (CDU) benannt.
zu TOP 1.2
Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW
Der Vorsitzende weist auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW hin und bittet, dieses zu beachten, sofern es im Einzelfall zutreffen sollte.
zu TOP 1.3
Feststellung der Tagesordnung
Die Tagesordnung wird wie veröffentlicht festgestellt.
2. Angelegenheiten von besonderer Bedeutung/Dezernatsübergreifende Angelegenheiten
zu TOP 2.1
Kommunal unterzubringende Flüchtlinge
Mündlicher Sachstandsbericht
Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Überweisung: Rat der Stadt aus der öffentlichen Sitzung vom 14.09.2015
(Drucksache Nr.: 02453-15-E1)
Situation von Flüchtlingen in Dortmund
Überweisung: Rat der Stadt aus der öffentlichen Sitzung vom 03.09.2015
(Drucksache Nr.: 02400-15)
Aus dem Rat der Stadt liegt folgende Überweisung vor:
1) deutsche Rüstungsexporte in die Krisenregionen des Nahen und Mittleren Ostens und andere Krisengebiete sofort zu stoppen,
2) keine weitere Beteiligung an Kriegen und NATO-Militärinterventionen durch die Bundesrepublik Deutschland,
3) eine friedliche Außenpolitik, die nicht weiter auf völkerrechtswidrige Regime-Changes und die Destabilisierung von Staaten mittels Sanktionen, die die Bevölkerung treffen, setzt
4) endlich die selbst auferlegte Verpflichtung zu erfüllen, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen;
5) neoliberale Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und Freihandelsabkommen auszusetzen und Verhandlungen über weitere Abkommen, wie z.B. TTIP, zu stoppen,
6) die Ernährungssouveränität der Staaten zu stärken, indem diese das Recht erhalten, ihre heimischen Nahrungsmittelmärkte vor Importen zu schützen,
7) den deutschen Beitrag für das Welternährungsprogramm im Rahmen der Syrienkrise deutlich aufzustocken,
8) die Flüchtlingsaufnahme in die maßgebliche Verantwortung des Bundes zu legen, der die Kosten für die Dauer des Asylverfahrens und für eine Übergangszeit nach der Anerkennung übernimmt, damit Länder und Kommunen sich auf die Integration vor Ort konzentrieren können,
9) den Grundsatz der Integration von Beginn an gelten zu lassen, da die Mehrheit der Asylsuchenden dauerhaft in Deutschland bleibt. Sie brauchen Zugang zu Sprachkursen und eine gezielte Arbeitsförderung; ausgrenzende Gesetze wie das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht, diverse Arbeitsverbote und dergleichen sind aufzuheben sowie effektive Maßnahmen gegen Lohndumping für alle Arbeitnehmer in Deutschland einzuführen,
10) Flüchtlinge vorrangig dezentral und in eigenen Wohnungen unterzubringen. Erforderlich ist ein starkes soziales Wohnungsbauprogramm für alle Menschen mit geringem Einkommen,
11) ein grundlegender Wandel in der EU-Asylpolitik. Das Massensterben an den EU-Außengrenzen, die Errichtung immer neuer Grenzzäune und das unwürdige Hin- und Herschieben von Flüchtlingen müssen gestoppt werden. Schutzsuchende brauchen legale und sichere Einreisewege. Sie sollen ihr Aufnahmeland selbst bestimmen können, nur so können bestehende familiäre Bindungen und vorhandene Sprachkenntnisse positiv genutzt werden.
Im Rat der Stadt bestand Einvernehmen, den vorgenannten Antrag der Fraktion Die Linke & Piraten (024563-15-E1) vom 08.09.2015 in den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zu überweisen.
2. Der Rat erneuert seine Forderung an das Land, auch in Regierungsbezirken Münster, Köln und Düsseldorf weitere Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) zu schaffen, um für die Flüchtlinge eine menschenwürdige und den besonderen Umständen angemessene Behandlung gewährleisten zu können.
3. Die Verwaltung wird aufgefordert, keine weiteren Turn- und Sporthallen für die Unterbringung kommunal zugewiesener Flüchtlinge umzufunktionieren, da diese dringend für den Schul-, Leistungs- sowie Breitensport benötigt werden. Stattdessen sollen bisher ausgeschlossene Lösungen wie fliegende Bauten (Traglufthallen, Zeltdörfer) intensiv geprüft und nach Möglichkeit umgesetzt werden.
4. Der Rat fordert das Land Nordrhein-Westfalen auf, Asylbewerber aus Herkunftsländern mit niedrigen Schutzquoten gebündelt an zentralen Stellen wie z.B. ehemaligen Kasernen aufzunehmen. Durch eine Bündelung kann ein möglichst effektiver Gesamtablauf gewährleistet werden. Eine Verteilung auf die Kommunen soll in diesen Fällen möglichst nicht mehr stattfinden. Abgelehnte Asylbewerber aus diesen Staaten sollen dann auch schnellstmöglich und direkt aus den Landeseinrichtungen zurückgeführt werden.
5. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Montenegro und Albanien sowie Kosovo als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a des Asylverfahrensgesetzes einzustufen, um eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge zu ermöglichen – bei weiterhin gewährleistetem rechtsstaatlichen Verfahren.
6. Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien sollen aus dem normalen Asylverfahren herausgenommen werden und als Kontingentflüchtlinge eine unmittelbare Statusklärung erhalten.
7. Die Landesregierung muss umgehend, entweder durch ein entsprechendes gesetzliches Verfahren oder auf dem Weg eines Erlasses Rahmenbedingungen schaffen, damit die notwendigen, zusätzlichen Kosten der Kommunen für die Aufnahme, Unterbringung, gesundheitliche Versorgung und Integration von Flüchtlingen bei den gesetzlichen Vorgaben zur Genehmigung des kommunalen Haushaltes berücksichtigt werden können.“
Zusatz-/Ergänzungsantrag der SPD-Fraktion (Drucksache Nr.: 02206-15-E1) vom 26.08.2015:
„ … die SPD-Ratsfraktion stellt folgenden Antrag zur Beratung und Beschlussfassung:
2. Der Rat der Stadt stellt fest, dass sich die Zahl der Flüchtlinge, die zur Erstaufnahme nach Dortmund kommen oder der Stadt Dortmund zugewiesen werden, dramatisch erhöht und alle Planungsprognosen bis Jahresende und darüber hinaus übersteigt. Der Rat der Stadt nimmt zur Kenntnis, dass die Verwaltung umso mehr flexibler und kurzfristiger agieren muss, um die gestiegenen Herausforderungen bewältigen zu können. Gleichwohl ist weiterhin sicher zustellen, dass die Bevölkerung in Bereichen, in denen neue Flüchtlingsunterkünfte entstehen, zeitnah und umfassend informiert wird.
3. Der Rat der Stadt fordert den Bund auf, die Kommunen vollständig und dauerhaft von den Kosten der Flüchtlingsunterbringung und –integration zu entlasten. Die Bearbeitungsdauer beim BAMF ist zu verkürzen und der Bearbeitungsstau bei den Asylanträgen ist schnellstens zu beheben. Der Bund ist gefordert, das Asylverfahren zu straffen und allen Flüchtlingen umgehend Sicherheit über ihren Status zu geben. Der Rat der Stadt erwartet, dass auf dem nächsten Flüchtlingsgipfel Ende September richtungweisende Entscheidungen getroffen werden, um Länder und besonders die Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme deutlich zu entlasten.
4. Der Rat bedauert sehr, dass nunmehr aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen und wegen logistischer Probleme eine Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten, Traglufthallen und anderen „fliegenden Bauten“ notwendig wird. Der Rat erwartet dennoch, dass Flüchtlinge weiterhin vorrangig in Wohnungen untergebracht werden. Der Rat appelliert nochmals an private Vermieter in Dortmund, Wohnungen entweder an die Stadt oder direkt an Flüchtlinge zu vermieten. Der Rat fordert die Verwaltung auf, weiterhin verstärkt Wohnbauflächen zu identifizieren und mittelfristig geförderten Wohnraum nicht nur für Flüchtlinge in Dortmund zu schaffen. Hierbei sind Fördergelder des Landes in Anspruch zu nehmen.
5. Der Rat der Stadt unterstreicht, dass die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen eine Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft ist. Die Herausforderungen müssen möglichst von allen Kräften in der Stadt getragen werden. Infrastrukturen in der Stadt dürfen nicht einseitig wie z.B. aktuell drei Sporthallen dauerhaft in Anspruch genommen werden. Der Rat betont, dass die Inanspruchnahme von Sporthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen nur vorübergehend sein kann. Einschränkungen für den Schul- und Vereinssport sind so gering wie möglich zu halten.
6. Der Rat der Stadt erkennt die besondere Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen an. Der Rat der Stadt erwartet, dass die neue Verteilungsregelung ab dem kommenden Jahr eine Entlastung für Dortmund bringen muss. Hierbei sind mögliche Verzögerung des Inkrafttretens der neuen Regelungen zu vermeiden. Bis dahin muss diese besondere Aufnahmesituation der Stadt Dortmund besonders von Bund und Land gewürdigt werden. Die Verwaltung wird aufgefordert, Verhandlungen mit dem Land zu führen, wie Unterbringungsstandards für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge angepasst werden können und wie ein zusätzlicher Anrechnungsfaktor die Stadt Dortmund bei der übrigen Aufnahme von Flüchtlingen entlasten kann.
7. Der Rat der Stadt stellt fest, dass die EAE in Hacheney zunehmend überfüllt ist. Das Land wird aufgefordert, dringend weitere zusätzliche Erstaufnahmeeinrichtungen und Notunterkünfte im gesamten Land zu schaffen mit dem Ziel die bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen wirksam zu entlasten. Der Rat der Stadt schließt sich insofern den aktuellen Forderungen des Deutschen
2. Ziel muss es sein, insbesondere das ehrenamtliche Engagement in der Stadt zu erhalten, auszuweiten und die nötigen Unterstützungsstrukturen dafür zu schaffen. Der Rat hält dafür deshalb ebenso wie viele Bezirksvertretungen eine zentrale Ansprechstelle für Bürger*innen in der Verwaltung für notwendig.
3. Alle Beschlüsse zur Unterbringung von Flüchtlingen müssen weiterhin und verstärkt transparent, nachvollziehbar und eingebunden sein in eine Gesamtstrategie, in die erkennbar und gerecht alle Stadtbezirke und alle gesellschaftlichen Bereiche einbezogen werden. Es ist wichtig, dass dabei die Bürgerinnen und Bürger bei den notwendigen Entscheidungen rechtzeitig und von Beginn an einbezogen und mitgenommen werden. Nur das schafft auch zukünftig das notwendige Verständnis für die weitere Aufnahme von Flüchtlingen.
4. Vor dem Hintergrund der bundesweit prognostizierten 800.000 Flüchtlinge in 2015 wird die Bundesregierung ihrer Verantwortung gegenüber den Kommunen nicht gerecht. Der Rat fordert die Bundesregierung deshalb auf, dauerhaft die vollständigen Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu übernehmen. Zusätzlich muss die von der Bundesregierung zugesagte eine Milliarde Euro Soforthilfe vor dem Hintergrund der weiter steigenden Flüchtlingszahlen unverzüglich auf mindestens 3 Milliarden Euro angehoben werden und darf nicht im Länderfinanzausgleich verrechnet werden.
5. Der Dreh- und Angelpunkt zur Bewältigung der jetzigen Situation ist die schnelle Durchführung rechtsstaatlicher Anerkennungsverfahren. Dies ist auch im Sinne der Asylsuchenden, die Klarheit über ihre Situation bekommen wollen. Das hat nicht zuletzt das Protestcamp der syrischen Flüchtlinge an der Katharinentreppe gezeigt. Der Rat fordert die Bundesregierung auf, die zugesagten zusätzlichen 2000 Stellen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor dem Hintergrund der neuen Prognosen der Flüchtlingszahlen weiter aufzustocken.
6. Der Rat begrüßt die Anstrengungen der Verwaltung zur Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF). Er nimmt zur Kenntnis, dass aufgrund der prognostizierten etwa 1400 UMF, die bis zum Jahresende in Dortmund durch das Jugendamt versorgt und betreut werden müssen, nicht alle Jugendliche unter Zugrundelegung der bisherigen Standards in Jugendhilfeeinrichtungen aufgenommen werden können. Der Rat fordert die Landesregierung auf, bei der Zuweisung von Flüchtlingen die Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge mindestens in einem Verhältnis von 1: 4 auf die Zahl der kommunal unterzubringenden Flüchtlinge anzurechnen.
7. Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass das Land innerhalb eines Jahres die Zahl der Unterbringungsplätze von 7700 auf 26.846 erhöht hat. Das ist gut, aber das reicht nicht. Nach wie vor fehlen zusätzliche Erstaufnahmeeinrichtungen. Das führt dazu, dass seit vielen Monaten ca. 80 Prozent aller Flüchtlinge, die nach NRW kommen, zuerst in Dortmund landen - alleine im Juli waren es ca. 17.000. Die EAE in Hacheney ist für diese große Anzahl von Flüchtlingen nicht ausgelegt. Ziel kann es aber nicht sein, Tore für Flüchtlinge zu schließen. Ziel muss es sein, dringend weitere Erstaufnahmeeinrichtungen an den Start zu bringen. Der Rat fordert die Landesregierung sowie die zuständigen Stadträte deshalb auf, die geplanten Einrichtungen in Essen und Mönchengladbach schnellstmöglich zu eröffnen sowie zusätzlich landesweite weitere Einrichtungen einzurichten.
8. Der Rat hält fest, dass die Schließung der EAE an zwei Wochentagen nicht das geeignete Mittel ist, um die Problematik der hohen Flüchtlingszahlen zu lösen. Der von der Verwaltung angekündigte Aufnahmestopp bis auf weiteres bedeutet darüber hinaus die faktische Schließung der Einrichtung. Der Rat fordert die Verwaltung deshalb auf, in der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses die Abläufe in der EAE detailliert darzustellen. Dabei ist insbesondere zu erläutern, wie vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen die städtischen Möglichkeiten genutzt und gebündelt worden sind, um die Abläufe zu optimieren. Zusätzlich ist darzustellen, wie, wann und mit wem die Schließung der Einrichtung abgesprochen, kommuniziert und organisiert worden ist. Das betrifft sowohl Absprachen mit dem zuständigen Ministerium, der Bezirksregierung sowie den anderen Erstaufnahmeeinrichtungen im Land. Der Rat fordert die Verwaltung auf, während der Schließung der EAE ein geordnetes Verfahren für die ankommenden Flüchtlinge umzusetzen. Das betrifft insbesondere eine ausreichende Verpflegung, eine gezielte Information über die Situation sowie Transportmöglichkeiten in die nächste Einrichtung.
9. Der Rat hält trotz aller Schwierigkeiten nach wie vor am grundsätzlichen Ziel fest, dass Flüchtlinge vorrangig und dezentral in eigenen Wohnungen unterzubringen sind. Die Nutzung von infrastrukturellen Einrichtungen für die Unterbringung muss temporär begrenzt werden. Insbesondere die bisherige Nutzung von Sporthallen ist unverzüglich und vorrangig zu beenden, sobald andere Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Der Rat dankt den betroffenen Schulen und Sportvereine für ihr Verständnis. Die Verwaltung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der betroffene Schul- und Vereinssport durch Kooperation und Koordination mit anderen Schulen, Hallen und Vereinen gewährleistet werden kann.
10. Laut Verwaltung stehen in Dortmund 80-90 große Wohnimmobilien leer, die zur Aufnahme von Flüchtlingen geeignet sind, deren Eigentümer bisher aber nicht oder ablehnend auf die Nutzungsanfragen der Verwaltung reagiert haben. Der Rat fordert die Verwaltung auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die entsprechenden Eigentümer angesichts der zugespitzten Situation nachhaltig an ihre Eigentumsverpflichtung zu erinnern. Dabei ist auch das Instrument der Beschlagnahmung der Immobilien zu prüfen und wenn notwendig einzusetzen.
11. Der Rat begrüßt die Pläne der Verwaltung, neue und öffentlich geförderte Wohnungen für Flüchtlinge zu bauen. Ein festes Dach über dem Kopf ist besser als ein Zelt. Die Verwaltung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass diese Wohnungen auch von denjenigen Bürger*innen genutzt werden können, die auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind.
12. Der Rat stellt fest, dass viele der Flüchtlinge mit ihren Kompetenzen und ihrer Ausbildung eine Chance für unsere Stadtgesellschaft sind. Um diese Chancen zu nutzen, müssen Hürden bei der Integration in den Arbeitsmarkt beseitigt werden. Der Rat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die Vorrangprüfung für Asylsuchende von derzeit 15 Monaten auf drei Monate zu reduzieren, um die Arbeitssuche zu erleichtern und bürokratische Verfahren zu vereinfachen. Zusätzlich sollten Integrations- und Sprachkurse schneller als bisher angeboten sowie vereinfachte und zügige Verfahren zur Anerkennung von Schul-, Studien- und Berufsabschlüssen, angepasste Weiterqualifizierungsmaßnahmen und berufsbezogene Deutschkurse eingerichtet und aufgestockt werden.“
Darüber hinaus legten die Fraktionen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke & Piraten, AfD und FDP/Bürgerliste dem Rat der Stadt mit Datum 03.09.2015 den folgenden, gemeinsamen Antrag (Drucksache Nr.: 02400-15) vor:
„ … die oben genannten Fraktionen stellen folgenden gemeinsamen Antrag zur Beratung und
Beschlussfassung:
1. Dortmund ist weltoffen, selbstbewusst und gastfreundlich. Wir heißen Menschen willkommen, die vor Not und Krieg aus ihren Ländern fliehen und bei uns für sich und ihre Familien Zuflucht suchen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten, unternimmt die Stadt Dortmund alle Anstrengungen, um den Flüchtlingen Schutz, Unterkunft und Versorgung zu gewähren. Diesen humanitären und grundgesetzlichen Auftrag werden wir auch weiterhin mit allen unseren Möglichkeiten erfüllen.
2. Der Rat der Stadt Dortmund dankt allen, die sich insbesondere ehrenamtlich um Flüchtlinge in Dortmund kümmern und den schutzsuchenden Menschen helfen. Er dankt zudem den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung aus unterschiedlichen Fachbereichen, die sich aktuell sehr engagiert um die Unterbringung der Flüchtlinge kümmern. Der Rat ist erfreut über die Willkommenskultur in Dortmund und über die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung.
3. Die Anstrengungen der Stadt Dortmund erfordern dringend und kurzfristig eine stärkere Unterstützung durch das Land NRW, den Bund und die Europäische Union.
a. Das Land NRW muss mehr Erstaufnahmeeinrichtungen schaffen und dabei die räumliche Gleichverteilung dieser Einrichtung gewährleisten.
b. Die Zuständigkeit für die Gewährung von Asyl liegt grundsätzlich beim Bund. Daher muss der Bund die Asylverfahren, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt werden, beschleunigen und den vorhandenen Bearbeitungsstau abbauen.
c. Zudem müssen der Bund und das Land NRW eine vollständige Refinanzierung der mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbundenen Kosten, wie etwa für Unterbringung, Gesundheit und Bildung, sicherstellen.
d. Im Vergleich zu anderen Städten ist Dortmund durch die Erstaufnahmeeinrichtung in erhöhtem Maß mit der Aufgabe konfrontiert, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Obhut nehmen zu müssen. Diese Inobhutnahmen erfordern aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des SGB VIII einen deutlich höheren Personal- und Sachkostenaufwand als die Unterbringung von kommunal zugewiesenen Flüchtlingen. Daher sind spezielle Refinanzierungsmechanismen erforderlich, um die besonders betroffenen Kommunen bei dieser Aufgabe zu unterstützen.
4. Der Rat beschließt die vorliegenden Anträge der Fraktionen SPD, CDU und Bündnis`90/Die Grünen als Beratungsmaterial in die Fachausschüsse zu überweisen und das Thema wieder in der Ratssitzung am 01.10.15 aufzurufen.“
Rm Taranczewski (SPD) begrüßt den vorliegenden, gemeinsamen Antrag der Ratsfraktionen und spricht sich dafür aus, dahingehend ein Zeichen zu setzen, dass die Frage des Asylrechts das Handeln bestimmt und eine Willkommenskultur in Dortmund geschaffen wird, für Menschen, die aus Kriegsgebieten kommen.
Rm Krause (CDU) sieht enorme Herausforderungen für Dortmund in Fragen der Flüchtlingspolitik und hält den Umgang mit der Situation für eine gesamtgesellschaftliche, humanitäre Verpflichtung von Bund, Land und Kommunen sowie Europa. Weiter müsse gewährleistet werden, dass Menschen, die wegen Verfolgung oder Kriegsgeschehen in ihrer Heimat Schutz suchen, eine menschenwürdige Versorgung erhalten.
Rm Brück (Die Rechte) sprach sich für eine konsequente Anwendung des bestehenden Asylrechts aus.
Rm Rettstadt (FDP/Bürgerliste) hält den vorliegenden, gemeinsamen Antrag für sinnvoll, weil er genau die bestehenden Probleme aufzeigt. Weiter sieht Rm Rettstadt (FDP/Bürgerliste) in der Versorgung der Menschen mit Wohnraum und Lebensmitteln eine enorme humanitäre Aufgabe, für die eine große Bereitschaft in der deutlichen Mehrheit der Stadtgesellschaft besteht.
Rm Langhorst (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass für politisch Verfolgte ein uneingeschränktes Anrecht auf Asyl besteht und sprach sich für eine volle und bestmögliche Unterstützung der betroffenen Menschen aus.
Rm Garbe (AfD) sieht in der Entwicklung der letzten Tage eine gewisse Brisanz. Weiter wies Rm Garbe (AfD) darauf hin, dass seine Fraktion den vorliegenden, gemeinsamen Antrag, wegen der Übereinstimmung in allen wesentlichen Antragspunkten, unterstützt.
Rm Thieme (NPD) sieht in der aktuellen Diskussion eine unsachliche Pauschalisierung von Flüchtlingen, die nicht unterscheidet, ob jemand bspw. aus wirtschaftlichen Gründen zureist.
Rm Münch (FBI) bedauert ein Ausblenden der Gründe, warum Bürgerkriegsflüchtlinge aus ihrem Land flüchten müssen und stellte mündlich den nachfolgenden Ergänzungsantrag zum vorliegenden, gemeinsamen Antrag der Fraktionen:
„3.e Der Rat der Stadt Dortmund appelliert an die Bundesregierung und das EU-Parlament, endlich dafür Sorge zu tragen, dass die unmenschlichen Zustände im Bürgerkriegsland Syrien und den vom IS kontrollierten Gebieten durch militärische Maßnahmen beendet werden.“
Rm Karacakurtoglu (Die Linke & Piraten) hob hervor, dass sich die Dortmunder
Bevölkerung der Verantwortung der humanitären Hilfe bewusst sei und ist weiter
Stolz darauf, dass in Dortmund Menschen willkommen geheißen werden, die
schlimme Erfahrungen machen mussten.
Rm Taranczewski (SPD), Rm Krause (CDU), Rm Rettstadt (FDP/Bürgerliste), Rm
Langhorst (Bündnis 90/Die Grünen) und Rm Karacakurtoglu (Die Linke & Piraten)
verbanden ihre Redebeiträge mit ausdrücklichem Dank an die in der Flüchtlingsfrage
ehrenamtlich oder beruflich Tätigen.
Der Rat der Stadt fasste folgende Beschlüsse:
Der Rat der Stadt lehnt den mündlich von Rm Münch gestellten Antrag „(3.e) Der Rat der Stadt Dortmund appelliert an die Bundesregierung und das EU-Parlament, endlich dafür Sorge zu tragen, dass die unmenschlichen Zustände im Bürgerkriegsland Syrien und den vom IS kontrollierten Gebieten durch militärische Maßnahmen beendet werden“ mehrheitlich gegen die Stimme von Rm Münch (FBI) ab.
Der Rat der Stadt beschließt mehrheitlich gegen die Stimmen von Rm Brück (Die Rechte) und Rm Thieme (NPD) den o.a. gemeinsamen Antrag der Fraktionen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke & Piraten, AfD und FDP/Bürgerliste (Drucksache Nr.: 02400-15) vom 03.09.2015.
Wegen der Unvorhersehbarkeit der Entwicklung der Flüchtlingszahlen - und damit wegen der nicht einzuschätzenden Zahl der zu betreuenden schwangeren Frauen sowie junger Mütter - wird beantragt, die erste Evaluierungsphase bereits nach sechs Monaten - und dann weiter in einem 6-Monats-Rhythmus - durchzuführen.