Niederschrift

über die . Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit
am 04.03.2008
Ratssaal, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund



Öffentliche Sitzung

Sitzungsdauer: 15:00 - 17:20 Uhr


Anwesend:

1. Stimmberechtigte Mitglieder:

Rm Birgit Unger (B`90/Die Grünen)
Rm Michael Taranczewski (SPD)
sB Hans-Peter Balzer (SPD)
sB Frau Britta Clemens-Wienand (CDU)
Rm Emmanouil Daskalakis (CDU)
Rm Wolfram Frebel (B`90/Die Grünen)
sB Andreas Gora (SPD)
Rm Helga Hilbert (B`90/Die Grünen)
Rm Richard Utech (SPD) i.V. für Rm Jasmin Jäkel (SPD)
Rm Ingrid Krämer-Knorr (SPD)
Rm Barbara Menzebach (CDU)
Rm Karla Michenbach (CDU)
Rm Claudia Middendorf (CDU)
Rm Carla Neumann (SPD)
Rm Thomas Offermann (CDU)
sB Lars Rettstadt (FDP/Bürgerliste)
Rm Bruno Schreurs (SPD)
Rm Roland Spieß (SPD)
Rm Michael Strucker (CDU)
Rm Brigitte Thiel (SPD)
Rm Hans-Josef Tokarski (FDP/Bürgerliste)
Rm Adolf Heinrich Weintz (CDU)
Rm Renate Weyer (SPD)

2. Mitglieder ohne Stimmrecht:

sE Volkan Baran (Ausländerbeirat)
Rm Gerald Branghofer (DVU)
sE Horst-Erhardt Knoll (Seniorenbeirat)
Rm Prof. Wolfgang Richter (Die Linken im Rat)

3. Beratende Mitglieder:

Günter Baehr (Jüdische Kultusgemeinde)
Friedrich-Wilhelm Herkelmann (SoVD)
Manfred von Kölln (Caritas-Verband)
Anne Rabenschlag (Diakonisches Werk)
Albert Schauerte (VdK)
Esther Schmidt (AK "Der behinderte Mensch“)
Marianne Schobert (DPWV)

4. Verwaltung:

Peter Bartow
Dr. Annette Düsterhaus
Helga Jänsch
Holger Keßling
Dr. Hildegard Kratz
Johannes Roeren
Manfred Stankewitz
Gerd Ufer
Lothar Welsch

5. Gäste:

Matthias Münning



Veröffentlichte Tagesordnung:

T a g e s o r d n u n g

für die 22. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit,
am 04.03.2008, Beginn 15:00 Uhr,
Ratssaal, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund

Öffentlicher Teil:

1. Regularien

1.1 Benennung eines Ausschussmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift

1.2 Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW

1.3 Feststellung der Tagesordnung


2. Angelegenheiten von besonderer Bedeutung

2.1 Aktuelle Herausforderungen der Eingliederungshilfe in Dortmund und Westfalen-Lippe
Vortrag des Sozialdezernenten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe Matthias Münning


3. Angelegenheiten des Gesundheitsamtes

3.1 Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen 2004-2006
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 11073-08)
dazu: ergänzende Präsentation
HINWEIS: Der Bericht wird nachgereicht

3.2 Medizinische Hilfen bei Kindeswohl(gefährdung) und Prävention
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 11180-08)

3.3 Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, den Städten Bochum, Dortmund, Hagen und Hamm zur Kooperation im Bereich der amtlichen Lebensmitteluntersuchung
Empfehlung
(Drucksache Nr.: 11000-08)


4. Angelegenheiten des Sozialamtes
nicht besetzt


5. Angelegenheiten des Familien-Projektes
nicht besetzt


6. Angelegenheiten anderer Fachbereiche

6.1 Lokale Agenda 21 - 8. Zwischenbericht an den Rat
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 10630-07)

6.2 Bericht der Verwaltung zur Barrierefreiheit in den Kultureinrichtungen der Stadt Dortmund
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 10954-08)


7. Anträge / Anfragen

7.1 Ehrenamt
Vorschlag zur TO (CDU-Fraktion)
(Drucksache Nr.: 10990-08)


Die Sitzung wird von der Vorsitzenden - Frau Rm Unger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) - eröffnet und geleitet.

Vor Eintritt in die Tagesordnung stellt die Vorsitzende fest, dass zur heutigen Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit fristgemäß eingeladen wurde, und dass der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beschlussfähig ist.


1. Regularien

zu TOP 1.1
Benennung eines Ausschussmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift

Zur Mitunterzeichnung der Niederschrift wird Frau Weyer (SPD-Fraktion) benannt.


zu TOP 1.2
Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW

Die Vorsitzende weist auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW hin und bittet, dieses zu beachten, sofern es im Einzelfall zutreffen sollte.

zu TOP 1.3
Feststellung der Tagesordnung

Die Tagesordnung wird wie veröffentlicht festgestellt.


2. Angelegenheiten von besonderer Bedeutung

zu TOP 2.1
Aktuelle Herausforderungen der Eingliederungshilfe in Dortmund und Westfalen-Lippe Vortrag des Sozialdezernenten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe Matthias Münning

Herr Münning (Sozialdezernent des LWL) berichtet anhand einer PowerPoint-Präsentation. Die aufgelegten Folien werden der Niederschrift als Anlage 1 beigefügt.

Frau Weyer (SPD-Fraktion) dankt für den informativen Vortrag, dessen Inhalt ihr als Abgeordnete beim LWL natürlich nicht ganz neu ist. Auch hier in Dortmund hat sich Politik schon mehrfach mit den nachwachsenden beeinträchtigten Kindern beschäftigt. Ihr erklärtes Ziel ist es, die Unterbringungsmöglichkeiten für ältere Behinderte zu verbessern, denn sie können bereits ab 45 in Rente gehen. Man kann sie nicht einfach in einem Seniorenheim unterbringen, sondern braucht ein ganzes Stück mehr an Betreuung und Beschäftigung. Die Betroffenen leben zum großen Teil in Heimen, aber es gibt auch einige Ansätze, sie in Wohngruppen oder einzeln unterzubringen. Damit das möglich wird, ist das persönliche Budget zwingende Voraussetzung und damit ein ganz großer Schritt in die Zukunft. Für sie ist es wichtig, dass der beeinträchtigte Mensch bei einer Unterbringung selbstbestimmt mitbestimmen kann, d.h. das Angebot, ihn allein zu lassen und ihn ambulant zu betreuen, muss auf jeden Fall stimmen.

Herr Tokarski (FDP/Bürgerliste) begrüßt, dass auch hier der Weg fort von der stationären Behandlung hin zur ambulanten Behandlung führt. Ihn interessiert der Preisunterschied zwischen diesen beiden Unterbringungsmöglichkeiten.

Frau Schmidt (Aktionskreis "Der Behinderte Mensch") geht davon aus, dass schon allein die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt allgemein eine Ursache dafür ist, wenn mehr Menschen in Werkstätten für Behinderte Arbeit finden müssen.

Frau Hilbert (B'90/Die Grünen) möchte wissen, ob unter den 600 Menschen in den Integrationsfirmen auch jemand mit persönlichem Budget arbeitet, und falls nicht, wie das gegenüber Integrationsfirmen als möglichen Arbeitgebern beworben wird.

Für Frau Middendorf (CDU-Fraktion) ist es ganz wichtig, dass es nicht nur den Personenkreis der Menschen betrifft, die geistig, körperlich oder mehrfach behindert sind, sondern sie weiß aus ihrem beruflichen Umfeld, dass die Zahl der psychisch Behinderten drastisch zunimmt. Daher ist ihr sehr daran gelegen, dass diese Menschen im Blick gehalten werden. Außerdem kann es ihres Erachtens kein Hauptschwerpunkt der Werkstätten sein, Menschen in Integrationsfirmen zu vermitteln. Sie möchte daher wissen, inwieweit der Landschaftsverband oder auch das Land auf Firmen zugehen, Arbeitgeber informieren und mit ihnen ins Gespräch kommen.

Frau Rabenschlag (Diakonisches Werk) stellt fest, dass mit dem persönlichen Budget, das ja erst zum 01.01.08 in die Umsetzung kam, noch Erfahrungen gesammelt werden müssen. Es wird sicher interessant, welche Entwicklungen kommen werden. In Dortmund wurde mit einer Modellmaßnahme in der letzten Runde experimentiert. Dabei wurde festgestellt, dass das persönliche Budget nicht für alle greift und auch nicht von allen gewollt wird. Es gibt viele Menschen, welche die Unsicherheit, die mit einem solchen Prozess verbunden sind, nicht auf sich nehmen wollen. Und dann muss man auch schauen, welche Maßnahmen denn sinnvoll sind. Zum aktuellen Zeitpunkt befinden sich 24 persönliche Budget-Maßnahmen im Bewilligungsverfahren beim Landschaftsverband. Zwei sind bewilligt worden, bei den anderen 22 wird noch geprüft, was überhaupt anerkannt werden kann. Der Weg ist steinig, da sich alle insgesamt in der Umsetzung noch schwer tun, welche Maßnahmen konkret anerkannt werden können. Sie hielte eine gemeinsame Auswertung für äußerst sinnvoll, zumal sie den Eindruck hat, dass Unsicherheiten auf allen Seiten existieren.

Herr Münning (Sozialdezernent des LWL) verweist zum Thema, wie teuer betreutes Wohnen ist, auf die in einer Folie genannten Durchschnittszahlen. Mit diesen Zahlen wird operiert, um deutlich zu machen, dass man nicht nur etwas für behinderte Menschen tun kann, sondern dass man sich gleichzeitig auch finanziell besser stellt. Wenn man das aber genauer betrachtet, sieht man, dass die Durchschnittswerte im Einzelfall oft nicht helfen, da muss man sehen, wie sich das weiterentwickeln soll. Wenn der erfolgreiche Weg weiter gehen soll, dann wird man in einzelnen Fällen auch höhere Stundensätze zahlen müssen, denn je höher der Hilfebedarf, desto höher ist auch der Bedarf an einzelnen Stunden. Das wird aber im Endeffekt immer noch günstiger bleiben als eine stationäre Betreuung. 38.000 Euro sind im Durchschnitt monatlich für stationäre Betreuung und 8.000 Euro für ambulante Betreuung aufzuwenden, aber auch das ist eine Momentaufnahme und natürlich auch nicht das tragende Motiv. Hauptziel ist, dass die richtige Hilfe angeboten werden soll. Beim Thema der älter werdenden Menschen mit Behinderung, das er nur kurz angesprochen hat, ist ihm durchaus bewusst, dass es eines der Zukunftsthemen sein wird, insbesondere für Menschen, die bereits in stationären Einrichtungen wohnen und weiter dort betreut werden müssen. Nun ist es nicht so, dass jeder, der mit 45 eine Rente bekommt, deswegen nicht mehr in die Werkstatt geht. Er bekommt zwar Rente, geht aber nach wie vor in die Werkstatt. Das ist sogar der Regelfall, und um das zu verstehen, muss man zumindest wissen, dass diese besondere Regelung für Menschen, die stationär wohnen, nicht dazu führt, dass die Rente ausgezahlt wird, sondern beim Landschaftsverband landet. Der Rentenbereich ist technisch schwierig und daher in der Kürze der Zeit nicht zu vermitteln, aber die Betreuung älterer behinderter Menschen und die Sorge um eine vernünftige Tagesstruktur, wenn sie nicht mehr in die Werkstätten gehen, ist ein ganz großes Thema, dem sich der LWL wird stellen müssen. Die Frage der steigenden Zahlen von Menschen mit psychischen und geistigen Behinderungen hat er ganz bewusst anhand der Schülerzahlen dargestellt, weil in der Regel bekannt ist, dass psychische Behinderungen in der Gesellschaft zunehmen; die Steigerungsrate ist exorbitant. Auch bei den Menschen mit geistiger Behinderung sind die Basiszahlen deutlich höher. Die prozentualen Steigerungen sind zwar niedriger, aber in absoluten Zahlen gemessen ist die Steigerung auch hier deutlich höher. Für all diese Menschen kann es nicht so weitergehen, wie das in der Vergangenheit war, da darf der Weg eben nicht nur nach Bethel oder Bad Oeynhausen führen, sondern diese Menschen müssen dort leben können, wo sie geboren wurden. Das ist sein großes fachliches Ziel, und das wollen auch die Eltern. Es ist ihm sehr wohl bewusst, dass die Dinge sich nur langsam entwickeln und natürlich sehr individuell angepasst werden müssen. Da ist Nordrhein-Westfalen erst am Anfang einer Entwicklung, die man auch nicht übers Knie brechen sollte. Das Vertrauen in die kommunalen Maßnahmen muss natürlich erhalten bleiben, und deswegen geht es nur Schritt für Schritt. Die stationären Hilfen gehen zurück, und wenn das auch für Menschen mit höheren Hilfebedarfen erreicht werden soll, dann muss bei den ambulanten Hilfen mehr getan werden. Aber das Ganze muss eben, und das ist eine seiner wesentlichen Botschaften, aus einer Hand gehen; man kann das nicht mehr aufteilen zwischen stationär und ambulant, und man kann aus seiner Sicht auch nicht aufteilen zwischen Körperschaften, die ihre Behinderten nach auswärts verschickt haben und denen, in denen die Menschen heute leben, sondern das muss gemeinsam als kommunale Gemeinschaft in Verantwortung vor dem Westfalenparlament und auch vor den Abgeordneten geschehen, die dorthin gewählt wurden. Dass das Thema Arbeitsplätze natürlich eng mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zusammenhängt, ist selbstverständlich. Wenn der allgemeine Arbeitsmarkt anzieht, dann haben auch Menschen mit Behinderungen bessere Chancen, auch wenn der Erfolg hier viel langsamer sichtbar wird als bei Menschen ohne Beeinträchtigung. Allerdings kann er wegen dieser Herausforderung, die er in der Tat nicht beeinflussen kann, seine Bemühungen nicht völlig einstellen. Er hat bereits dargelegt, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, über besondere Unterstützungsmaßnahmen auch behinderte Menschen in normalen Betrieben arbeiten zu lassen, und das gilt auch für Dortmund. Dortmund hat starke Werkstätten und auch Arbeitgeber, die sich durchaus dieser Aufgabe stellen. Aber dann muss man den Arbeitgebern, die bereit sind mitzumachen, auch Hilfen zur Verfügung stellen, die eine Integration auch tatsächlich ermöglichen. Solche Möglichkeiten gibt es, er nennt hier die Stichworte Job-Coach oder die Integrationsfirma als Brücke in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Es gibt eine neue Initiative, hinter der auch der Minister steht. Dieser hat 10 Mio. Euro an Investitionsmitteln bereit gestellt, für Maßnahmen, die gemeinsam mit den SGB II-Trägern in Angriff genommen werden. Aber das wird nur dann funktionieren, wenn es auch Unternehmer gibt, die solche Firmen gründen. Es wird sicher ein sehr mühsamer Weg, denn es braucht Menschen, die sich mit vollem Engagement bewegen, Arbeitgeber, aber eben auch Träger von Werkstätten, die viel fachliches Know-how haben, was den Aufbau von Unternehmen, das Wirtschaften und behinderte Menschen selbst angeht. Und deswegen will er an dieser Stelle auf keinen Fall auf die freie Wohlfahrtspflege mit ihren Werkstätten verzichten. Beim persönlichen Budget gibt es schließlich in der Tat ab dem 1.1.08 einen Rechtsanspruch, aber im Augenblick kennt er kein passendes Beispiel. Er will aber keineswegs ausschließen, dass es den einen oder anderen behinderten Menschen gibt, der eine Firma gefunden hat, bei der er arbeiten kann und dafür ein persönliches Budget braucht. Das Entscheidende ist natürlich auch hier das Angebot. Findet man keinen Arbeitgeber, der einen solchen Arbeitsplatz bereitstellt, nützt das persönliche Budget gar nichts. Aber auch hier sind die Chancen nicht aussichtslos, und er hat sich vorgenommen, das Thema in den nächsten drei Jahren mit großer Intensität voranzutreiben.

Frau Unger (Vorsitzende, B'90/Die Grünen) erinnert an die Reise des Sozialausschusses nach Mainz, bei der das persönliche Budget und insbesondere das Budget für Arbeit im Fokus stand. Es gab dabei eine ganze Menge modellhafter Beispielfälle zu besichtigen, was dazu geführt hat, dass sie „politisch davon träumt“, dass es in Dortmund in irgendeinem ganz normalen Unternehmen auch das eine oder andere Budget für Arbeit geben wird. Sie will auf jeden Fall in dieser Richtung initiativ werden. Integrationsfirmen haben eine lange Geschichte, sind aber eben nur Firmen zur Integration von Menschen mit Behinderung unter anderen Menschen mit Behinderung. Nicht behinderte Menschen kommen da eher selten vor. Von daher glaubt sie, dass man die Möglichkeiten des Budgets für Arbeit auch hier in Dortmund nutzen müsste. Wenn daher der Minister jetzt 1.000 neue Arbeitsplätze in Integrationsfirmen schaffen will, müsste es ihrer Meinung nach möglich sein, die Unterstützungsmöglichkeiten dann auch zur Beförderung von Arbeitsplätzen bei ganz normalen Arbeitgebern zu nutzen. Aus Mainz weiß sie, dass die sog. Nachteilsausgleiche dort z.B. auch aus der Schwerbehindertenabgabe gezahlt werden, es interessiert sie, ob das auch hier eine Möglichkeit wäre. Zum Thema Wohnen im Zusammenhang mit psychisch Behinderten ist es ja seit der Zeit der Psychiatrie-Enquete über Jahrzehnte langjährig geübte Praxis, stationäre Plätze zugunsten ambulanter Plätze abzubauen, im Bereich der Menschen mit anderen Formen von Behinderung ist es allerdings relativ neu, von daher sollte man sich an dieser Stelle auch noch ein bisschen Zeit gönnen.

Frau Schmidt (Aktionskreis "Der Behinderte Mensch") betont, dass es nicht nur behinderte SeniorInnen gibt, die in stationären Einrichtungen leben und in Werkstätten arbeiten, sondern auch behinderte Seniorinnen und Senioren, die schon lange ambulant leben und in der Werkstatt arbeiten. Sie interessiert, ob es Beispiele oder Pilotprojekte in NRW gibt, wie man eine vernünftige Tagesstruktur für Menschen, die eben nicht mehr in die Werkstatt gehen, weil sie Rentner sind und ambulant wohnen, organisieren kann.

Herr Bartow (Leiter des Sozialamtes) verdeutlicht, dass das Thema psychisch Kranke hier schon beleuchtet worden ist, Verwaltung hat sich dazu schon positioniert und auch schon mehrere Plätze für psychisch Kranke in dieser Stadt in Planung, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Träger „Bethel vor Ort“.

Herr Gora (SPD-Fraktion) weiß aufgrund seiner beruflichen Erfahrung, dass die Verbände, die diese Beratungsstelle für das persönliche Budget hier in Dortmund über zwei Jahre betrieben haben, auch Unterstützung brauchen. Die MitarbeiterInnen haben während dieser Zeit versucht, dieses Thema massiv zu befördern, und alle Träger in Dortmund haben für dieses persönliche Budget gekämpft, und inzwischen gibt es 24 Fälle, bei denen tatsächlich Anträge gestellt wurden. Das ist sicherlich noch zu verbessern, tatsächlich wäre es aber illusorisch zu glauben, dieser Arbeitsansatz wäre quasi eine Massenversorgungsmöglichkeit, sondern es ist und bleibt eine sehr individuelle Form der individuellen Betreuung von Menschen, die in der Lage sein müssen, sich das zu leisten und zu trauen. Wenn man will, dass sich mehr Leute trauen, dann muss man sehr viel Geld für das persönliche Budget in die Hand nehmen. In Bezug auf die Behindertenzahlen möchte er zwei Aspekte berücksichtigt wissen, erst einmal die steigenden Zahlen aufgrund der besseren medizinischen Versorgung und zum anderen die Tatsache, dass nach dem Krieg zum ersten Mal eine Generation von älteren Behinderten vorhanden ist, die überlebt hat. Für ihn ist es eine Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass diese Personengruppe in angemessener Form versorgt wird. Und er glaubt auch, dass Dortmund in der Lage ist, das mit dem gesellschaftlichen Know-how und dem vorhandenen Kapital auch leisten zu können.

Auch Herr Frebel (B'90/Die Grünen) meint, dass für das persönliche Budget mehr Geld zur Verfügung gestellt werden muss, wenn das zu Einspareffekten führen soll, wie schon der Unterschied zwischen stationärem und ambulantem Wohnen an anderer Stelle gezeigt hat. Und wenn dann, was er für selbstverständlich hielte, diese eingesparten Mittel in dem Budget verbleiben, dann ist man schon einen Schritt weiter. Ab dem 1.1.2008 kann das persönliche Budget in Anspruch genommen werden, das sollte man positiv bewerten, auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass es gelingt, viele Menschen in diesen Prozess einzubringen. Er ist aber ganz sicher, dass es bei intensiverer Beratung und Werbung schrittweise gelingen wird, den Betroffenen zu einem selbstbestimmten Leben zu verhelfen. Er möchte allerdings anregen, nicht immer nur die schlechten Dingen anzuprangern, sondern gezielt und öffentlich die Firmen in Dortmund zu benennen, die solche Plätze schaffen.

Herr Münning (Sozialdezernent des LWL) bittet zu bedenken, dass die vom Ministerium bereitgestellten Investitionsmittel natürlich nicht ausreichen, um an dieser Stelle etwas zu vollbringen, das sind nur investive Mittel für die Integrationsfirmen. Selbstverständlich werden auch Mittel aus der Ausgleichsabgabe eingesetzt, d.h. alles was an Ausgleichsabgabe eingeht, wird auch für die Unterstützung von behinderten Menschen im Beruf wieder ausgegeben. Er ist skeptisch, ob man mit mehr Geld alles erreichen kann, weil Geld allein in vielen Fällen nicht reicht, man muss sich auch noch zusätzliche Instrumente einfallen lassen, um das zu verwirklichen, etwa ein betriebliches Arbeitstraining, um einen Menschen auf eine konkrete Situation vorzubereiten und ihn zu unterstützen. Dafür gibt es mittlerweile über die Struktur des Integrationsfachdienstes auch Ansatzmöglichkeiten, die ausbaufähig sind. Und man wird auch darüber nachdenken müssen, ob Mittel, die bislang zur Finanzierung von Werkstattplätzen ausgegeben werden, umgewidmet werden können. An dieser Stelle ist das persönliche Budget vielleicht auch ein gutes Mittel, aber es reicht nicht über das hinaus, was die Hilfe eigentlich kosten würde. Man muss eben auch sehen, das öffentliche Mittel ein Stück weit unter der Begrenztheit stehen, dass der Steuerzahler sie aufbringen muss. Der Landschaftsverband ist im Augenblick so weit, dass er die Zielvereinbarung mit den Trägern abgeschlossen hat, und er ist fest davon überzeugt, dass darin die große Stärke liegt, dass das Thema gemeinschaftlich mit den Trägern und der kommunalen Familie angegangen wird. Auch behinderte Menschen, die ambulant wohnen, aber alt werden und Unterstützung brauchen, gehören zum angesprochenen Themenfeld. Es gibt auch schon eine Reihe von Initiativen, es ist eben nur noch nicht so weit, dass sie zu einem Programm verdichtet wären, das man hier vorstellen könnte.

Damit sind die Ausführungen zur Kenntnis genommen worden.



3. Angelegenheiten des Gesundheitsamtes

zu TOP 3.1
Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen 2004-2006
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 11073-08)
Bericht
(Drucksache Nr.: 11073-08-E1)

Frau Dr. Düsterhaus macht mit einem Folien-Vortrag ergänzende Ausführungen zur Vorlage bzw. zum Bericht. Die Folien werden der Niederschrift als Anlage 2 beigefügt.

Herr Rettstadt (FDP/Bürgerliste) dankt für die aufschlussreichen Ausführungen und freut sich über die statistischen Erfolge, die auch nachgewiesen werden konnten. Bei der Adipositas hinkt Dortmund aber auch im Vergleich zum Landesdurchschnitt hinterher, und da ihm der hohe Anteil der nicht deutschsprachigen Kinder aufgefallen ist, die an Übergewicht oder Adipositas leiden, bittet er um ein paar Eckdaten zu der Fördermaßnahme „besser essen. mehr bewegen“.

Für Herrn Taranczewski (SPD-Fraktion) ist der Bericht eine Ergänzung dessen, was auch schon im Sozialbericht steht. Er findet es ein bisschen erschreckend, dass sich das Dilemma scheinbar über alle Dimensionen erstreckt. Es ist aber offensichtlich so, dass es insgesamt dem Wohlergehen von Kindern zuträglich ist, wenn sie vernünftigen Betreuungssystemen zugeführt werden und dadurch eine vernünftige Tagesstruktur sowie mindestens eine regelmäßige und gesunde Mahlzeit erhalten. Es geht ja nicht um Kinder, die in Millionärshaushalten groß werden, sondern um die aus den Aktionsräumen. Andererseits nimmt er erfreut zur Kenntnis, dass es Verbesserungen gegenüber dem Vergleichsjahr 2004/05 gibt, wenn auch nur marginal. Was die Vorsorgeuntersuchung betrifft, interessiert ihn, ob das damit zusammenhängen könnte, dass Vorsorgeuntersuchungen im osteuropäischen oder weiter südlich gelegenen Teil Europas nicht die Rolle spielen, die sie hier spielen. Und im Hinblick auf mögliche Impfrisiken und dementsprechende Empfehlungen von niedergelassenen Kinderärzten bittet er um weitere Details.

Frau Krämer-Knorr (SPD-Fraktion) regt an, die Vorlage auch in den Ausländerbeirat zu geben, weil aus dem Datenmaterial erkennbar ist, dass gerade Kinder mit Migrationshintergrund auch im Gesundheitswesen stärker benachteiligt sind.

Herr Baran (Ausländerbeirat) unterstützt diesen Vorschlag, denn die vorgelegten Zahlen haben ihn doch leicht alarmiert. Wenn so viele Kinder mit Migrationshintergrund nicht an Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen, stellt sich ihm die Frage, ob die Nichtteilnahme ggf. daran liegt, dass die Eltern nicht die nötige Sprachkompetenz mitbringen. Vor einigen Tagen hat er mit dem Seniorenbüro West über Gesundheitsvorsorge bei Senioren gesprochen, und dabei das gleiche Problem erkannt, dass nämlich viele Migrantinnen und Migranten an Beratungsgesprächen und Vorsorgeuntersuchungen nicht teilnehmen, obwohl ihnen das angeboten wird. Daher gibt es insgesamt ein enormes Informationsdefizit, und wenn das Thema im Ausländerbeirat behandelt wird, könnte dieser als Multiplikator fungieren und dadurch versuchen, eine verbesserte Vorsorgementalität unter den MigrantInnen zu bekommen.

Frau Unger (Vorsitzende, B'90/Die Grünen) glaubt, dass das auch stark mit der mangelnden Öffentlichkeitsarbeit zu tun hat, und sie sieht es als eine der Aufgaben der Aktionsbüros an, die Bürger über alle Generationen und Nationalitäten hinweg über das aufzuklären, was ihnen zusteht.

Herr Offermann (CDU-Fraktion) geht bei seiner Interpretation der Folien davon aus, dass es wichtig ist, dass überhaupt ein Kindergarten besucht wird, und vermutet, dass die besseren Zahlen vielleicht nicht nur daran liegen, dass in den Kindergärten gut und strukturierend gearbeitet wird, sondern dass der Grund einfach da zu suchen ist, dass derjenige, der sich um Vorsorgeuntersuchungen kümmert, wahrscheinlich seine Kinder auch in den Kindergarten schickt. Deshalb sollte man vielleicht gerade bei denen, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten schicken wollen, verstärkt dafür werben, diesen Rechtsanspruch doch tatsächlich auch umzusetzen und wahrzunehmen.

Herr Frebel (B'90/Die Grünen) geht im Grundsatz davon aus, dass in Dortmund schon der richtige Ansatz gefahren wird. In Skandinavien ist man ja weiter, und er fordert schon seit langem, mehr auf das finnische Modell zu schauen. Mit den Begrüßungsbesuchen der aufsuchenden Neugeborenenhilfe und auch der Zugezogenen durch die Familienbüros ist man aber auf dem richtigen Weg. Aber auch das muss sich erst einmal einspielen, deshalb vermag er jetzt auf die Schnelle auch keine wirklichen Handlungsempfehlungen zu geben. Daher wäre er dankbar, wenn die gezeigten Folien zeitnah zur Verfügung gestellt würden. Dann kann man mit den Erkenntnissen auch zielgenauer an die politische Arbeit herangehen.

Frau Dr. Düsterhaus (Leiterin des Gesundheitsamtes) betont, dass die statistischen Zusammenhänge nicht unbedingt die Ursachen aufzeigen, sie hat aber versucht, sie von ihrer Seite aus zu interpretieren. Sie geht davon aus, dass sich ein längerer Aufenthalt in einer Kita zumindest bei Kindern aus sozial schwachen Familien durchaus gesundheitsfördernd auswirken könnte. Das muss im Umkehrschluss nicht unbedingt für Kinder von Abiturientinnen gelten, schadet aber auch hier keineswegs. Das Projekt „besser essen. mehr bewegen“ wurde hier schon vorgestellt, die Stadt ist stolze Siegerin eines Bundeswettbewerbes und kann über einen längeren Zeitraum Projekte mit dem Ziel auflegen, die Ernährungssituation von Kinder zu verbessern. Das Ganze wird auch evaluiert, mit einer Begleitstudie wurde jetzt begonnen, jetzt werden Dreijährige untersucht, und in ein paar Jahren werden die gleichen Kinder zur Einschulung wieder untersucht. Dabei soll auch evaluiert werden, ob sich durch diese Intervention etwas verändert hat. Insgesamt gibt es eine Vielzahl von Einzelprojekten, und natürlich hat sich das Gesundheitsamt auch Gedanken gemacht, wie diese Projekte auch die Kinder erreichen können, die ihm besonders am Herzen liegen, z.B. das Projekt „Obst in den Schulen“, bei dem Früchte in den Schulen verteilt werden, oder das Projekt „Muttersprachliche Elternbegleiterinnen“, in dem verschiedene Frauen mit Migrationshintergrund geschult wurden, die dann ihrerseits als Multiplikatorinnen in verschiedenen Kitas und Schulen tätig sind, um dort für gesunde Lebensweise zu werben. Bei den Vorsorgeuntersuchungen ist es in der Tat so, dass es viele Länder gibt, in denen man nur dann zum Arzt geht, wenn man krank ist. Das Bewusstsein, dass es sinnvoll sein kann, auch vorsorglich zum Arzt zu gehen, kommt erst, wenn ein gewisser Fortschritt und Wohlstand in der Gesellschaft zu verzeichnen ist. Zum Thema Impfen hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten erhebliches verändert. In den letzten 30 Jahren hat es enorme medizinische Fortschritte gegeben, die Impfstoffe sind erheblich besser geworden, und auch die Nebenwirkungen sind heutzutage minimal. Ein diesbezüglicher Bewusstseinswandel bei den Kinderärzten hat auch dazu beigetragen, dass sich die Durchimpfungsraten sehr erfreulich entwickelt haben. Das ist ja auch ein Grund dafür, warum sie mit der Kampagne jetzt bei den weiterführenden Schulen angesetzt hat.

Damit nimmt der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit den Bericht des Gesundheitsamtes über die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen 2004-2006 zur Kenntnis. Einhellig vertritt er die Auffassung, dass die Vorlage auch dem Ausländerbeirat zur Beratung vorgelegt werden soll.


zu TOP 3.2
Medizinische Hilfen bei Kindeswohl(gefährdung) und Prävention
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 11180-08)

Herr Rettstadt (FDP/Bürgerliste) weiß aus beruflicher Erfahrung, dass die Vernetzung mit den substituierenden Ärzten gut klappt, es gibt im Gesundheitsamt auch immer einen Ansprechpartner, wenn man jemanden braucht. Bei den Fortbildungsveranstaltung zum Thema Kindswohlgefährdung fragt er, für welchen Personenkreis sie gedacht sind. Er fände es gut, wenn auch die niedergelassenen Ärzte mit einbezogen werden könnten.

Herr Weintz (CDU-Fraktion) nimmt diesen Bericht, was die Arbeit des Gesundheitsamtes angeht, zustimmend zur Kenntnis. Was das Jugendamt angeht, wird seine Fraktion noch einiges hinterfragen müssen, aber das wird im Kinder- und Jugendausschuss geschehen.

Für Herrn Taranczewski (SPD-Fraktion) schließt sich mit diesem Verfahren die vorhandene Lücke in der Vorbeugung der Kindeswohlgefährdung, weil die Vereinbarung ja mit allen Leistungsanbietern nach dem SGB VII abgeschlossen werden musste. Das Jugendamt und auch das Gesundheitsamt haben viel investiert und hervorragende Schulungen angeboten, und dafür ist er dankbar.

Frau Hilbert (B'90/Die Grünen) fragt im Zusammenhang mit den durchschnittlich 700 Hausbesuchen und den genannten 65 Familien, ob das darauf schließen lässt, dass diese Familien etwa 10 Mal besucht worden sind und aus welchen Gründen das geschieht. Dann fragt sie nach ggf. vorhandenen gesicherten Erkenntnissen wie bei dem vorangegangenen Bericht, zwischen deutschen Familien und Familien mit Migrationshintergrund.

Frau Unger (Vorsitzende, B'90/Die Grünen) spricht das Projekt „Hilfen für Kinder alkoholkranker Eltern“ an, das ja eigentlich in eine Dauerfinanzierung des Gesundheitsamtes übernommen werden sollte. Sie wundert sich allerdings darüber, dass jetzt hier aufgrund von Verrentungen aus den 2,45 Personalstellen nur noch zwei werden, und bittet um Aufklärung.

Frau Dr. Düsterhaus (Leiterin des Gesundheitsamtes) informiert, dass im Zusammenhang mit dem Kindeswohl unterschiedlichste Fortbildungen durchgeführt wurden, häufig in Kombination mit dem Klinikum und dem Jugendamt. Das galt für die eigenen Mitarbeiter, für die MitarbeiterInnen in diesem neuen Projekt, aber auch für die niedergelassenen Zahnärzte. Es wurde auch schon eine Fortbildung in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer verabredet. Diese jetzt getroffene Vereinbarung ist im SGB VIII nicht so vorgesehen, aber bei den Absprachen mit dem Jugendamt, das die Hauptverantwortung trägt, wurde eben deutlich, dass das Problem der Kindeswohlgefährdung auch im gesundheitlichen System an verschiedenen Punkten auftreten kann. Deswegen wurde versucht, sich genauso verbindlich zu vernetzen, wie es das Jugendamt mit anderen Einrichtungen der Jugendhilfe tut. Das betrifft z.B. die Sucht- und Drogenhilfe. Auch da gibt es keinen gesetzlichen Auftrag, Verträge zu schließen, nichtsdestotrotz ist es gelungen, die Sucht- und Drogenhilfe zu motivieren, Verträge in Analogie zum SGB VIII abzuschließen, und es gibt jetzt eine Kooperation, bei der vor ein paar Jahren noch ärgste ideologische Bedenken geherrscht hätten. Heute ist man sich einig, das Kindeswohl geht vor, und da muss man unter Umständen auch die ärztliche Schweigepflicht brechen, wenn man sieht, dass das gefährdet sein könnte. Ähnliches gilt auch für die Ärzte. Häufig tauchen Eltern im System der Gesundheitshilfe auf, die psychisch krank oder suchtkrank sind. Auch auf diesem Sektor hat man versucht, das Problem in die entsprechenden Institutionen zu transportieren. Daran wird weiter gearbeitet, und darüber wird demnächst auch berichtet, z.B. hat gerade ein Projekt für psychisch Kranke und Kinder von psychisch Kranken begonnen. Bei den Hausbesuchen ist es in der Tat so wie beschrieben, im Durchschnitt fanden in jeder Familie 10 Hausbesuche statt. Jetzt werden Hausbesuche fast ausschließlich auf Hinweis des Jugendamtes durchgeführt. Es gibt da zwei Schwellen, einmal ist es so, dass das Jugendamt die Familie schon betreut und das Gesundheitsamt damit beauftragt, die Familie unter einem medizinischen Blickwinkel zu überprüfen und zu schauen, wie sich das Kind entwickelt, wie es ernährt ist oder ob man irgendwelche Anhaltspunkte für Misshandlungen erkennen kann. In diesen Fällen sind die Mitarbeiterinnen sogar gehalten, die Kinder regelmäßig ausziehen zu lassen, damit man sie wirklich in Augenschein nehmen kann. In erster Linie handelt es sich hier um Kinder von suchtkranken Eltern. Das Projekt „Starthilfe“ soll niedrigschwelliger sein und schon im Vorfeld greifen. Es soll eine freiwillige Hilfe sein, bei der die geburtshilfliche Abteilung der Kinderklinik melden kann, dass es Eltern gibt, die wahrscheinlich einen Unterstützungsbedarf haben, der aber nicht so gravierend ist, dass man das dem Jugendamt melden müsste. Bei der Finanzierung der Hilfen für Kinder alkoholkranker Eltern ist es leider nicht so, dass diese 100.000 Euro noch zur Verfügung stehen, die Stelle ist inzwischen in die Routine integriert worden, und es ist in der Tat so, dass die Krankenschwester, die bisher diese Projektstelle besetzt hat, jetzt eine Stelle im Routinedienst des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes belegt und damit eine andere freiwerdende Stelle nicht wieder besetzt werden kann. Es ist nicht abzusehen, wie sich dieses Projekt in Zusammenarbeit mit den Kliniken entwickelt, aber nach den ersten Erfahrungen, die relativ aktuell sind, gibt es einige Meldungen, und es scheint tatsächlich ein ziemlicher Aufwand dahinter zu stehen, so dass die Kapazitäten des Gesundheitsamtes hier auf jeden Fall begrenzt sind.

Herr Frebel (B'90/Die Grünen) ist sich des schmalen Grades zwischen Kinderwohlgefährdung und der ärztlichen Schweigepflicht bewusst, er weiß jetzt auch, dass Eltern, was die Kindeswohlgefährdung angeht, oft in Unkenntnis der Lage handeln, krankheits- oder suchtbedingt, oder weil sie selber evtl. eine schwierige Lebenserfahrung gemacht haben. Daneben gibt es aber auch das vorsätzliche Handeln im Bereich der Körperverletzung bis hin zu Sexualdelikten, und da interessiert ihn, welche Vereinbarungen in diesem Bereich getroffen wurden.

Herr Rettstadt (FDP/Bürgerliste) fragt unter Hinweis auf den aktuellen Fall in Mengede, den das Jugendamt trotz entsprechender Benachrichtigung nicht vor Ort geprüft hat, ob es noch andere Regelungsmöglichkeiten gibt, denn ansonsten würde ja auch das Gesundheitsamt nichts von der Kindeswohlgefährdung mitbekommen, wenn das Jugendamt das nicht weitergibt. Darüber hinaus sieht er die Probleme nicht so sehr bei den substituierten Patienten, denn da besteht ein relativ enger Kontakt zum behandelnden Arzt, sondern bei den nicht Substituierten, die abhängig sind oder noch einen hohen Beikonsum haben oder z.B. bei alkoholabhängigen Müttern. Er möchte wissen, ob und wie man diese schwierigere Klientel gesundheitlich betreuen kann bzw. ob und welche Maßnahmen für diese Personengruppe vorgesehen sind.

Frau Dr. Düsterhaus (Leiterin des Gesundheitsamtes) informiert, dass es bei der Frage, durch wen die Benachrichtigung geschieht, zwei Ansätze gibt: einmal wird das Jugendamt benachrichtigt, dazu gibt es auch als Anlage zum Vortrag eine rote Liste. Das sind die Fälle, in denen das Jugendamt benachrichtigt werden muss und die primäre Hauptverantwortung für den gesamten Hilfeplan eines Kindes hat. Hier kann es sein, dass das Jugendamt das Gesundheitsamt um fachliche Begleitung bittet, das ist insbesondere bei suchtkranken Eltern so. Eine zweite Möglichkeit ist die, dass eine Benachrichtigung direkt von der Klinik ans Gesundheitsamt geht. Auch da kann es natürlich sein, dass das Kindeswohl gefährdet sein könnte, in solchen Fällen schaltet das Gesundheitsamt dann seinerseits das Jugendamt ein. Ganz besonders kritisch sind natürlich suchtkranke Eltern, und zwar sowohl die substituierten wie auch die nicht substituierten. Weil auch diese von einem auf den anderen Tag einen Rückfall und einen schweren Beikonsum haben können. Und gerade wenn es um ein so empfindliches Wesen wie einen Säugling geht, kann es in einem solchen Fall sein - und das kann man auch für die Zukunft nicht ausschließen -, dass trotz aller organisatorischen Maßnahmen dieser Welt es doch passieren kann, das etwas schief geht und man zu spät kommt. Was man auch nicht beeinflussen kann, ist das vorsätzliche Handeln. Bei genügend krimineller Energie, das erlebt man in dieser Gesellschaft eben immer wieder, gibt es offensichtlich so gut wie keine Grenzen bei möglichen Horrorszenarien. Im Rahmen der Gesundheitskonferenz wurden die Krankenhäuser noch einmal hellhörig gemacht, es wurde auch versucht, die Ärzte der kassenärztlichen Vereinigung zu sensibilisieren, dass sie genauer hingucken auf die Symptome des vorsätzlichen Handelns. Ob das dann auch bei jedem angekommen ist, vermag sie aber nicht zu sagen. Und deshalb betont sie erneut für das Gesundheitsamt als auch für das Jugendamt und andere Stellen, dass trotz einer vorbildlichen Organisation, Vernetzung oder Sensibilisierung Unglücke nicht auszuschließen sind, wenn entweder genügend Vorsatz dahinter steht oder aber medizinische Dinge eintreten, die zum Zeitpunkt des letzten Hausbesuches noch nicht absehbar waren. Verwaltung gibt da wirklich ihr Bestes, mehr geht nicht. Und es gibt gerade in diesem Bereich Fälle, wo gut und böse fließend ineinander übergehen, und da ist einem dann mehr oder weniger mulmig zumute. Aber es handelt sich ja auch um staatliche Maßnahmen, das muss natürlich auch immer sauber abgewogen sein, wie weit man gehen kann. Bei den Suchtkranken ist das im Arbeitsalltag manchmal sehr schwierig, und daher tragen die MitarbeiterInnen des Gesundheitsamtes und des Jugendamtes eine sehr große Verantwortung bei einer immens schweren Aufgabe.

Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit nimmt den Bericht des Gesundheitsamtes damit zur Kenntnis.

zu TOP 3.3
Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, den Städten Bochum, Dortmund, Hagen und Hamm zur Kooperation im Bereich der amtlichen Lebensmitteluntersuchung
Empfehlung
(Drucksache Nr.: 11000-08)

Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit empfiehlt dem Rat einstimmig, folgenden Beschluss zu fassen:

Beschluss:

Der Rat der Stadt Dortmund beschließt, den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, den Städten Bochum, Dortmund, Hagen und Hamm zur Kooperation im Bereich der amtlichen Lebensmitteluntersuchung abzuschließen.


4. Angelegenheiten des Sozialamtes
- unbesetzt -


5. Angelegenheiten des Familien-Projektes
- unbesetzt -


6. Angelegenheiten anderer Fachbereiche

zu TOP 6.1
Lokale Agenda 21 - 8. Zwischenbericht an den Rat
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 10630-07)

Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

zu TOP 6.2
Bericht der Verwaltung zur Barrierefreiheit in den Kultureinrichtungen der Stadt Dortmund
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 10954-08)

Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit betrachtet den Bericht der Verwaltung zur Barrierefreiheit in den Kultureinrichtungen als eingebracht und möchte dazu zunächst die Stellungnahme des Behindertenpolitischen Netzwerkes abwarten, das sich am 20. März 2008 mit der Angelegenheit beschäftigen wird. In der Sitzung am 08.04.08 soll der Bericht dann erneut thematisiert werden.













7. Anträge / Anfragen

zu TOP 7.1
Ehrenamt
Vorschlag zur TO (CDU-Fraktion)
(Drucksache Nr.: 10990-08)
Zusatz- /Ergänzungsantrag zum TOP (CDU-Fraktion)
(Drucksache Nr.: 10990-08-E1)
Gemeins. Zusatz-/Ergänzungsantrag zum TOP (SPD-Fraktion u. Fraktion B'90/Die Grünen)
(Drucksache Nr.: 10990-08-E2)

Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit nimmt einstimmig folgenden Antrag der CDU-Fraktion an:

Beschluss:

Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Familie spricht sich für die Einführung einer Ehrenamtskarte für die Stadt Dortmund aus.

Die Verwaltung hat zu prüfen, wie eine Umsetzung zur Einführung der Ehrenamtskarte zu gestalten ist, wer antragsberichtigt ist, welche Vergünstigungen von städtischen Einrichtungen gegeben werden können, ob private Einrichtungen und Institutionen gewonnen werden können und mit welchem finanziellen Aufwand der Stadt Dortmund zu rechnen ist.

Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit nimmt einstimmig folgenden gemeinsamen Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion B’90/Die Grünen an:

Beschluss:

1. Die Verwaltung wird beauftragt, bereits vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten und
-regelungen für ehrenamtlich Tätige in der nächsten Sitzung des ASFG darzustellen.
Dabei sollten sowohl Bundes-, Landes- als auch kommunale Unterstützungen aufgezeigt werden.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Modalitäten des landesweiten Modellprojektes des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration NRW zur Einführung einer Ehrenamtskarte in NRW zu recherchieren und im nächsten Ausschuss vorzustellen. Dabei ist auch darzustellen, zu welchen Konditionen Dortmund sich als Pilotkommune beteiligen könnte.



Die Vorsitzende dankt für die Mitarbeit am heutigen Tag und schließt die Sitzung um 17.20 Uhr.





U n g e r W e y e r S t a h n k e
Vorsitzende Ratsmitglied Schriftführerin

Anlage 1

2008_03_04_Dortmund.pdf2008_03_04_Dortmund.pdf

Anlage 2

Folien der Diplomarbeit im Studiengang Sozialwissenschaft.pdfFolien der Diplomarbeit im Studiengang Sozialwissenschaft.pdf

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